Gdansk – mal wieder Großstadtluft schnuppern

Vom Campingplatz Tamowa aus sind wir also nach Gdansk (früher: Danzig) gefahren. Am Samstagabend war dort ein Couchsurfing-Lagerfeuer-Treffen. Wir haben einen ganz nettem Stehplatz für unser Wohnmobil gefunden, sehr in der Nähe von dem Lagerfeuer und sind dann hingelaufen. Der Weg war sozusagen „auf Google Maps ausgeschildert“… Der Wald dort wird wohl auch von Mountain-Bikern viel genutzt, die haben sich da einen sehr coolen Parkour(?) gebaut, das fand ich schon mal sympathisch. Wir sind dann zwar nicht den optimalen Weg gelaufen – Franz wollte unbedingt den Berg hoch kraxeln – aber wir haben das Lagerfeuer dann gut gefunden. Angefangen hatte das Event schon etwa anderthalb Stunden früher und es waren auch schon etwa 50 Leute da. Es waren überwiegend Leute die in der Tricity wohnen (also in Gdank, Sopot oder Gdynia) und nur sehr wenige Reisende, die größtenteils von ihren Hosts mitgebracht worden waren. Es war sehr schön zu sehen das es hier so eine große, aktive Couchsurfing-Community gibt (bei solchen Treffen sind in anderen Städten wohl oft überwiegend Reisende, und hey, ich hab es in Berlin ja auch nie zu Treffen geschafft, obwohl ich das nach Kanada vorhatte). Es waren aber auch hier überwiegend Leute die ursprünglich woanders herkommen, entweder aus anderen Gegenden Polens oder aus dem Ausland. Zum Beispiel eine, der Warschau einfach zu sehr stressige Großstadt war, und die deshalb vor einiger Zeit nach Gdynia gezogen ist. Eine Biologin aus Zagreb, die in Gdansk studiert. Eine, die hier Polnisch studiert und aus Mauritius kommt. Eine Iranerin, die mit AISEC durch Europa reist. Und noch viiiiiele andere. Es gab viele schöne Gespräche, es wurde viel getrunken und es wurden Unmengen von Würstchen über dem Lagerfeuer gebraten – also wirklich krass viele, und es gab auch Grundsatz-Diskussionen darüber welche Arten von Wurst Lagerfeuer geeignet sind und bei welchen es Frevel ist, sie auch nur in die Nähe des Feuers zu bringen. Es war auf jeden Fall schön mit so vielen locals zu quatschen und Franz hat die Gelegenheit dann auch gleich genutzt um mal zu fragen, ob Polen denn eigentlich schockiert wären, wenn sie einen neben dem Wohnmobil nackt duschen sehen (Antwort: ein sehr eindeutiges JA). Wir haben auch einige coole Tipps für die kommenden Tage bekommen und versucht unsern Polnisch-Wortschatz etwas zu erweitern (ich glaub ich kann jetzt sagen „Ich spreche kein Polnisch“). Es wurde spät, also früh, und wir sind dann mit den letzten gegangen und Richtung Wohnmobil getorkelt…

Am Sonntag waren wir zwar noch etwas verkatert, sind aber mit der Tram in die Altstadt von Gdansk gefahren. Dabei hatte hatte ich einen „leichten“ Fotografier-Flash, es gibt also massenhaft Fotos, wer mal eine mehrstündige Foto-Doku sehen will sagt Bescheid, ja? ;)

Die Altstadt fand ich sehr schön, viele alte Häuser, auch viele ganz schmal, so ein bisschen Amsterdam Flair dadurch, viele Kirchen natürlich auch, ich berichte hier jetzt einfach nur von einigen Details, die ich besonders toll fand oder merkwürdig – also des Merkens würdig…

  • Im Turm der Katharinenkirche ist ein Turmuhrmuseum. Das ist nicht nur ein Wort was geschrieben lustig unaussprechlich aussieht (wer’s immer noch nicht hat: Turm-Uhr-Museum) sondern auch eine geile Sache, wenn man von meinem Unwohlsein in engen Wendetreppen mal absieht. Auf drei Stockwerken im Kirchturm stehen lauter alte Uhren mit ihren riesigen Uhrwerken und viele davon laufen auch, es ist also ein stetes Ticken, Rattern und Klicken. Dazu sind die im Halbdunkel des Turms noch alle bunt angestrahlt, manche Beleuchtungen wechseln im Takt mit dem Ticken der jeweiligen Uhr die Farbe. Eine Ausstellung die so auch auf der Fusion hätte stehen können und die mir außerdem ganz stark das Gefühl gab als Momo bei Meister Hora zu Besuch zu sein und auch Pratchett’s Thief of Time war irgendwie sehr nah. Irgendwie eine total tolle Atmosphäre und wenn man ganz oben ist hat man natürlich auch noch mal einen geilen Blick über die Stadt. In einem Nebenraum war dann auch noch eine Pulsaruhr, die dort 2011 anlässlich des 400. Geburtstages von Johannes Hevelius, eines Danziger Astronoms, aufgebaut wurde. Diese Uhr funktioniert auf Grundlage von Impulsen die von Neutronensternen (Pulsaren) ausgesendet werden. Vor Ort sieht es erstmal vor allem wie eine Serverfarm aus, aber ist trotzdem cool…

    Die Katharinenkirche war übrigens auch sonst toll. Oben vom Turm hatte man nen geilen Blick über die Stadt und im Inneren der Kirche gab es auch viel zu entdecken, mich haben vor allem die geschnitzten Figuren auf dem Baptysterium (=Taufstuhl?!) fasziniert..100_1011

  • Am Sonntag Nachtmittag und Abend waren wir beim Feta Festival – und nein, das ist kein Festival für Schafskäse sondern für Theater. Wir hatten davon am Vortag am Lagerfeuer erfahren und sind dann einfach hin und waren bei drei Veranstaltungen. Das ganze hat in einem Park statt gefunden, wo es auch irgendwie lauter alte Verteidigungsanlagen (?) gab und man ständig kleinere Berge hochklettern musste. Es kam schon ein bisschen at.tension Feeling bei mir auf… Zuerst angeguckt haben wir uns ein weniger interessantes Marionettentheater von Clowns, dann waren wir beim Stück „Droogland“ einer niederländischen Truppe, indem es aber nicht um Drogen ging sondern um Fruchtbarkeit, ein Ziegenbock-Paar und „Fick mich gefälligst, ich will Kinder“. Also es war auch erst ab 12 Jahren. War jedenfalls cool anzusehen, Musik gab es auch dazu mittels Loop-Station und einem Mann der 4 verschiedene Blasinstrumente gespielt hat. Abends sind wir dann noch mal hin zu dem großen Finale: Ein aus Containern gebauter Riese, viel Akrobatik, geilen Licht-Installationen und Feuerwerk, durch die Luft fliegenden Autos, Schiffen und Skelett-Vögeln und Live Musik von einer Band mit verschiedenen Sängern. Am besten gefallen haben mir eigentlich die Momente, wo sie mit dem Übergang von Licht-Projektion zu Realität gespielt haben, also zum Beispiel ein Fahrrad auf den Container-Mann projeziert wurde und als es zum Rand geradelt war ging da eine Klappe auf und ein (in der Luft schwebendes) echtes Fahrrad samt Fahrer kam heraus. Es war auf jeden Fall alles toll anzuschauen, aber für die Überschrift „Theater“ hat mir so ein bisschen der rote Faden bzw. die Message gefehlt – wobei es auch sein kann, dass ich die einfach nicht verstanden habe, sofern Sprache vorkam war es nämlich Französisch gesprochen mit polnischen „Untertiteln…

  • die Bildschirme in den Trams. Nein wirklich, die sind soooo genial. Als vor allem wen man sie mit denen in Berliner Bussen vergleicht. Also ich rede von richtigen Bildschirmen nicht nur diesen schwarz-gelben anzeigen mit einer handvoll pixel. Da könnte man sooo viele hilfreiche Informationen anzeigen. Und was sieht man in Berlin? Die nächste Station. Aber die wird dafür auf beiden Bildschirmen angezeigt. Hier dagegen gibt es zwar nur einen, aber der wird genial genutzt (Achtung längerer Abschnitt mit Schwärmerei der manchen vielleicht sehr seltsam erscheinen wird) Also zunächst einmal wird natürlich ein ganzer Streckenabschnitt angezeigt, nicht nur die nächste Station. Allerdings nicht immer die nächsten x Stationen, sondern jeweils etwa 10 Stationen, die dann für die Dauer dieser 10 Stationen konstant so angezeigt bleiben. Ein roter Ball zeigt jeweils an zwischen welchen bzw bei welcher Station(en) man gerade ist. Der Vorteil davon ist, dass wenn man einmal die Station erspäht hat, bei der man aussteigen will, muss man sich nur merken das es zB die vorletzte des aktuell angezeigten Streckenabschnitts ist und kann dann durch einen kurzen Blick, insbesondere ohne noch mal Stations-Namen zu lesen, feststellen wie weit man es noch hat. Und es wird noch besser: Zu der jeweils nächsten Station wird auch ein kleines Bild angezeigt mit der lokalen Sehenswürdigkeit/markantem Gebäude/etc. Und schließlich wird kurz vor der Station immer noch kurz ein Stadtplan eingeblendet, damit man sich schon mal orientieren kann, wo man gleich hinläuft nach dem aussteigen. Ich bin immer noch ziemlich begeistert davon, wie hier man wirklich sinnvoll die Möglichkeiten einer solchen Anzeige genutzt wurden und hoffe das sich so etwas weiter verbreitet – nach Berlin z.B. ;) So und wer von euch meine Begeisterung jetzt nachvollziehen? Ich bin gespannt :D

 

Es gab natürlich auch noch viiiiiiel mehr schönes zu sehen, aber davon hier nur eine kleine Auswahl in Bildern:

 

Von den restlichen Tagen in Gdansk und unseren Ausflügen nach Sopot und Hel mache ich dann noch einen weiteren Blogbeitrag…