Vilnius

Am 21. Juli sind wir in Vilnius angekommen, der Hauptstadt von Litauen. Wir haben zu unserer Vorbereitung den Wikipedia Artikel über Vilnius gelesen, besonders die Geschichte, und das kann ich wirklich sehr empfehlen. Die Geschichte ist echt spannend, sehr wechselreich und ich werde sie hier nicht erklären, aber trotzdem teilweise darauf Bezug nehmen – also lest lieber ehe ihr nichts versteht. ;)

Ja, Vilnius, tolle Stadt kann ich auf jeden Fall sagen. Ich habe einen sehr positive Eindruck mitgenommen von den vier Tagen. Auffallend in der Altstadt ist, das alle Gassen krumm und schief sind, ich finde das sehr sympathisch. Die meisten sind auch sehr eng, wie man das aus alten Städten ja meistens kennt, aber es gibt auch immer mal wieder größere offene Plätze. Die meisten davon sind wohl entstanden weil im 2. Weltkrieg 40% der Stadt zerstört wurden und die Sowjets alles kaputte ganz abreißen ließen um dann entweder neu aufzubauen oder eben frei zu lassen. Was es hier wunderbarerweise auch sehr viel gibt sind Katzen. Ich habe keine Ahnung warum, aber sie laufen einem ständig über den Weg. Es gibt auch zwei(!) Katzen-Cafes hier, also wo man was trinken und dabei Katzen streichen kann. Haben wir leider nicht besucht. Was mir auch gefällt ist das es im Gegensatz zu Gdansk zum Beispiel nicht so eine über schniecke Altstadt ist, die eher wie ein begehbares Museum wirkt – sondern schon an vielen Stellen den Charme des leicht Angeranzten hat. Viele Dächer sind bewachsen, einige Häuser auch mitten in der Altstadt sehen unbewohnt aus, es gibt viel Street-Art, unverputzte Häuserrückwände allerorten, etc. Ist vielleicht nicht jedermanns Sache aber für mich macht es das gemütlicher, sympathischer und lebendiger irgendwie – versteht ihr was ich meine? Es gab natürlich auch viele Kirchen, das Gebäude das die Skyline der Altstadt mehr dominiert ist aber die Universität, die wir uns leider nicht näher angeguckt haben

Auch fasziniert haben mich die Hinterhöfe von Vilnius. Es gibt sehr viele von den Straßen zugängliche Hinterhöfe und was einen da erwartet ist jedes Mal völlig ungewiss. Es reicht von der Müllhalde zum schicken Restaurant, vom Parkplatz zu Dschungel, Baustelle oder es stellt sich doch als Straße heraus. Ich mag diese ständigen kleinen Überraschungen :)

Apropos Dschungel, wohnhaft sind wir hier im Downtown Forest, das ist Hostel + Campingplatz, sehr grün gelegen halt und unglaublich gemütlich. Eigentlich wollten wir wie in Gdansk nur irgendwo parken, aber fürs Parken muss man in Vilnius *überall* bezahlen, da ist ein Hostel dann nicht mehr so viel teurer aber viiiel komfortabler. Es hat auf jeden Fall den Charme von so Traveller Hostels, man kommt leicht ins Gespräch mit den anderen Reisenden, ich mag auch die Mischung aus Zelt, Wohnmobil, Wohnwagen und Zimmer-Bewohnern, die abends alle zusammen auf der Terrasse chillen. Am Mittwoch war ich gerade dabei das Internet zu genießen das hier so ziemlich großartig ist, als plötzlich eine Gruppe anfing Swing zu tanzen, was auch ziemlich großartig aussah. Nach einer Weile habe ich mitgekriegt das die von lindyhop.lt waren und hier gerade gefilmt haben. Hat auf jeden Fall gute Laune gemacht :)

Durch andere Reisende hier haben wir auch vom Rainbow erfahren, unserem nächsten Ziel nach Vilnius. Der Wikipedia kann einem vielleicht eine grobe Idee geben was das ist, oder auch sonst mal nach Rainbow Gathering suchen. So richtig wissen wir selbst nicht worauf wir uns da einlassen, aber meiner Vorstellung nach ist das so ein anarchistisches Hippie Treffen, wo viel zusammen gesungen und gekuschelt wird, alle zusammen essen, Geld praktisch nicht existiert weil man Notwendigkeiten einfach teilt und Luxus (wie Süßigkeiten!) miteinander tauscht. Es findet wohl jährlich in Europa eins statt an wechselnden Orten, es geht dann jeweils insgesamt 4 Wochen und gerade ist es eben in Nord-Litauen. Im Hostel waren auch noch viele andere die auch dahin fahren oder schon daher wieder gekommen sind, das hat die Stimmung dort natürlich auch großartig gemacht. Ich bin suuuuuper gespannt was uns da erwartet und wie lange wir bleiben werden… Aber jetzt erzähle ich erst mal weiter zu unserer Zeit in Vilnius:

Nachdem wir im Downtown Forest eingecheckt waren, haben wir am auf Dienstag dann die Altstadt erkundet. Pflichtprogramm ist dabei das Besteigen eines Hügels mit Burg-Resten, von dem aus man einen wunderbaren Blick über die ganze Altstadt und auch zu den Skysrapern hat. Komischerweise war ich da aber nicht in Fotolaune. Auch besucht haben wir uns am ersten Tag – und allen folgenden Tage – Uzupis, die Halbinsel in einer Schlaufe des Flusses Vilnia, die vorwiegend von Künstlern bewohnt wird die dort ihre eigene Republik ausgerufen haben. Ein Schild am Eingang weist einen auf die wichtigsten Regeln hin: Lächeln, langsam fahren, kreativ sein und vorsichtig sein das man nicht in den Fluss fällt. Der „Staat“ hat auch eine Verfassung, die man in viele Sprachen übersetzt dort lesen kann und im Pub kann man seinen Pass abstempeln lassen.

Zu Uzupis gibt es viele tolle Geschichten: Der erste April ist der Nationalfeiertag und an diesem Tag ist die 12-köpfige Polizei auch tatsächlich im Einsatz und stempelt jedem der über die Brücke kommt den Pass (oder irgendwas, I guess?!) Und aus dem Springbrunnen am zentralen Platz fließt irgendwann am 1. April für eine Stunde lang litauisches Bier – aber niemand weiß vorher wann, also ist man einfach den ganzen Tag da, es gibt Workshops, Ausstellungen ud vermutlich jede Menge tolle Leute. Also wer fährt am 1. April mal mit mir nach Vilnius??

Natürlich wird Uzupis nicht als Staat anerkannt von Litauen und wie immer bei solchen Projekten oder auch einfach „Szene-Bezirken“ ist die Frage wie sich das weiter entwickeln wird. Glücklicherweise gehören wohl viele der Häuser den Menschen die darin leben, aber es etstehen immer zwischen drin auch schicke, teure, neue Häuser und es wird erwartet das weiterhin immer mehr reiche Leute in das Viertel ziehen…

Es gibt in einer Künstler-Republik natürlich massig viel Kunst zu bewundern, von Skulpturen zu Wandmalereien, manche ganz versteckt – andere offen auf einem großen Platz. Es hat sehr viel Spaß gemacht durch diesen Bezirk zu schlendern und immer wieder etwas Neues zu entdecken

Street-Art and Art Streets

Nicht nur in Uzupis, auch sonst in Vilnius spielt Kunst eine große Rolle. Ich hab viel schönes Grafitti gesehen und es gibt ach eine Bewegung explizit mehr („traditionelle“) Kunst im öffentlichen Raum zu platzieren. Es gibt eine Straße in der litauische Autoren geehrt werden – dafür das sie schreiben in einer Sprache die gar nicht so viele Menschen sprechen. Auch einigen Autoren, die in anderen Sprachen schreiben sind dort Kunstwerke gewidmet, wenn in ihren Werken Litauen eine Rolle spielt. Das muss nicht unbedingt im Positiven sein, Beispiel: Als Geburtsort von Hanibal Lector.

Auch an anderen Orten in der Stadt gibt es schöne Kunst:

Zu Vilnius muss ich auf jeden Fall auch noch die tolle Tour erwähnen die wir am Mittwoch gemacht haben. „Free Tours by Locals“ – wir wurden in einer Gruppe von 25 für gut 2 Stunden von Raminta, einer Studentin die ihr ganzes Leben in Vilnius gewohnt hat, durch die Altstadt und Uzupis geführt und am Ende dafür als Spende geben was auch immer uns angemessen erschien. Sie hat unglaublich viele tolle Geschichten zu der Stadt erzählt, von denen einige auch schon in diesem Beitrag eingeflossen sind. Nach der Tour waren wir in kleinerer Gruppe noch mit ihr Mittagessen und es war sehr nett mit ihr und den anderen Touristen zu quatschen.

An den Abenden in Vilnius haben wir auch noch die Bars der Stadt erkundet:

Di abend: Live Musik währed ne Kuh die Wand hoch fliegt im Vasaros Terasa („Summer Terace“). Leider habe wir nen Großteil der Musik verpasst, die um 11 schon zu Ende war
Di abend: Live Musik währed ne Kuh die Wand hoch fliegt im Vasaros Terasa („Summer Terace“). Leider habe wir nen Großteil der Musik verpasst, die um 11 schon zu Ende war

Mi abend: Zuerst im rePUBlic zu richtig guter Musik und Sport-Fernsehen ein paar Biere trinken, dann weiter ins Alchemikas, wo ich eine Weile mit den Zitaten auf dem Menu abgelenkt war, bevor ich mit der Cocktail-Auswahl überfordert war. Franz hatte einen Thai Caipirinha (mit Wasabi) und ich hatte irgendwas geiles mit Sahne und Ahornsirup.

Später hatten wir noch eine „Diskussion“ mit einem selbst bezeichneten Heiden, über die bösen USA und das die Sowjets viel schlimmer als die Nazis waren… Mit betrunkenen zu versuchen zu reden kann ganz schön anstrengend sein, aber der Barkeeper war sehr nett und mit ihm zu quatschen war auch cool :)

Am Freitag sind wir dann früh aufgebrochen – und zwar zusammen mit Peter aus Dänemark, den wir am Abend vorher vom Rainbow erzählt hatten und der unser Angebot mitzufahren dann spontan angenommen hat. Einen Zwischenstopp haben wir noch bei der Inselburg Trakai gemacht, die ganz in der Nähe von Vilnius liegt

In den Räumen der Burg gab es einige interessante Ausstellungen, mich haben die Pfeifen und die aus Elfenbein geschnitzten Gegenstände fasziniert:

Außerdem habe ich in Trakai noch festgestellt das man am Pranger nicht so einfach Selfies machen kann, was für eine Schande! :D

100_2333