Unterwegs mit Taimi, Chris und Andrew

Da ich ja um Einiges hinterher bin in den Reiseberichten, versuche ich jetzt bei der Beschreibung des „Rückweges“ (also wie wir wieder nach Süden und Westen fahren) mich halbwegs kurz zu halten, damit ich es überhaupt noch beschreibe. Außerdem eignet sich auch gerade diese Strecke für eine Kurzfassung, da wir deutlich schneller unterwegs waren als auf dem „Hinweg“ – also viel mehr Strecke gemacht haben als ständig irgendwo anzuhalten, wir wollte ja bis Anfang September wieder zurück sein und zwischendrin noch mal Rainbow-Pause machen. Es war aber im Rückblick auch ganz schön stressig so schnell unterwegs zu sein… Naja, tolle Sache erlebt haben wir unterwegs trotzdem:

Bevor wir am Sonntag aus Talinn losgefahren sind, hat Franz noch mal eben ein neues Smartphone erworben – für sich, weil der Touchscreen des Alten war nach der Begegnung mit der Ostsee nicht mehr brauchbar – und eine Prepaid-SIM – für mich, weil ich die PIN von meiner alten SIM nicht mehr wusste. Dann sind wir aber endlich los zusammen mit Taimi (spricht sich übrigens wie Englisch „tie me (up)“, so stellt sie sich auch selbst vor) mit der Absicht ziemlich direkt nach Süden zu fahren. Aber Taimi meinte es würde sich auf jeden Fall lohnen nach Rummu zu fahren, „Rummu Prison“ müsse man nämlich gesehen haben in Estland und dort könne man auch baden – und wir wollten nach den Tagen in der Stadt eh gerne einen Dusch- und Wasser-Stop einlegen, also ließen wir uns auf diesen kleinen Umweg ein.

Tja, und was soll man sagen, Estland hat echt großartige ehemalige Gefängnisse. ^^ Im Falle von Rummu gibt es zwar keine Kunst drinnen, aber dafür stehen die Gebäude teilweise halb unter Wasser, da sich das Tal dort mit einem nicht mal so kleinen See gefüllt hat. Man kann also Schwimmen gehen, in das Gefängnis hinein schwimmen, aus dem Wasser klettern, hochkraxeln und wieder reinspringen. Und ja, das ist so genial wie es sich anhört! Nebenan ist dann noch ein krass zerklüffteter Sandsteinberg, der auch dazu einläd auf ihm herum zu klettern. Wenn ich die Fotos endlich von der Kamera bekommen und hier im Blog hinzugefügt habe, lohnt es sich auf jeden Fall noch mal das anzugucken, weil ich habe das Gefühl so richtig kann meine Beschreibung dem eh nicht gerecht werden.

Weiter nach Süden haben wir kurz vor Pärnu an einer Tankstelle noch Chris aufgegabelt. Chris ist seit 7 Wochen mit dem Fahrrad in Europa unterwegs. Route bisher: Niederlande – Hamburg – Dänemark – Schweden – mit der Fähre rüber nach Finnland und von Helsinki nach Talinn. An dieser Tankstelle war er eigentlich mit Leuten verabredet die ihn direkt zum Rainbow mitnehmen wollten, aber die sind irgendwie nicht aufgetaucht. Wenn er jetzt (wie bisher auf seiner Route) die ganze Strecke dahin radelt, wäre er erst am letzten Tag da, also wollte er jetzt mit uns wenigstens ein bisschen mitzufahren. Zu viert mit Gepäck und Fahrrad war es dann zwar doch recht voll im Wohnmobil, aber Chris war auch ein toller Mitfahrer. :)

Übernachtet haben wir noch knapp in Estland und haben dadurch auch noch mal einen Luxus RMK Campingplatz in Anspruch genommen. Wir sind schon im Dunkeln angekommen, zum ersten Mal auf dieser Reise, was dann auch hieß das wir zum ersten Mal festgestellt haben, das wir eigentlich nur Fernlicht und Standlicht haben, also entweder nichts sehen oder alle blenden. Durch etwas ausprobieren und kombinieren haben wir dann aber doch noch das Abbledlicht gefunden, yay! Der RMK Zeltplatz ruhig im Wald. Also in einem Wald jedenfalls, der bestimmt eigentlich ruhig war, also wir ankamen schallte aber Partymusik durch die Bäume. Neugierig sind wir zur Musik gelaufen, die deutlich weiter entfernt war als wir gedacht hatten und sich als eine laute, große, betrunkene Betriebsfeier entpuppte.

Am nächsten Morgen sind wir ein letztes Mal in die Ostsee gehüpft und dann über die Grenze nach Lettland. Dort haben wir uns erstmal etwas verfahren, aber sind schließlich wie gewünscht in Maszalaca angekommen um dort den verwunschenen Wald samt Teufelshöhlen und über krassem Echo zu begucken. Es war auch ein wirklich schöner Weg mit Spielplätzen und anderen Ablenkungen, der aber auch deutlich länger war als wir gedacht hatten. Und wir haben den Echo Sweet Spot auch leider nicht gefunden. Als wir wieder am Wohnmobil waren, war es dann auch schon fast acht Uhr abends. Wir wollten trotzdem noch etwas Strecke schaffen und sind also im Dunkeln weiter gefahren zum Gauja Nationalpark. Festgestellt das auch unser Abblendlicht nicht so dolle ist, bzw. insgesamt der eine Scheinwerfer nicht wirklich hell, egal in welcher Einstellung. Übernachtet haben wir dann im Wald neben einem Parkplatz. Wie auch in Estland heißt Nationalpark nicht so wirklich unberührte Natur, überall noch Häuser, Straßen, Parkplätze.

Am nächsten Tag wollten wir trotzdem gerne noch etwas vom Park sehen, die typische und empfohlende Art und Weise die Natur dort zu erkunden ist aber ein Fahrt auf dem Gauja—Fluss und wir wollten unser Wohnmobil dann doch nicht versuchen spontan in einer Wasserfahrzeug zu verwandeln. Aber zumindest reingesprungen sind wir mal in die Gauja und dann habe ich noch die Flussfähre von Ligatne entdeckt. (angucken! Ich bin nämlich zu faul die näher zu beschreiben) Es sah auf den Fotos zwar so aus, als könnte die vielleicht untergehen, wenn man da mit einem fetten großen Wohnmobil rauffährt, aber: No Risk, No Fun! Der Fährenwärter guckte auch erst etwas skeptisch winkte uns dann aber zu langsam auf die Holzfähre zu fahren. Nachdem die Vorderräder drauf waren, rutschte die Fähre schon leicht weg, damit die Hinterräder aber auch noch über die so entstandene Lücke kamen, wurden dann noch schnell Keile hingelegt. Schließlich waren wir alle an Bord, der Fährenwärter zog uns an dem dicken Seil ein Stück vorwärts und schräg, den Rest übernahm dann die Strömung des Flusses. Beim runter fahren von der Fähre noch mal das gleiche Spiel wie vorher, jetzt noch mit halbwegs steilen Hang hinauf, aber auch das hat unser Wohnmobil tapfer gemeistert. *patt patt*

Weiter ging es nach Riga, der Hauptstadt Litauens. Weil wir überhaupt nicht wussten wie es in der Innenstadt mit Parkmöglichkeiten aussieht, sind wir zu einem grünen Fleck (also auf der Karte) am Stadtrand gefahren. Es ist immer lustig, wenn man überhaupt nicht weiß, was einen da erwartet: Park? Wald? In diesem Fall war es erstmal ein jüdischer Friedhof (in D wäre es da also voll sicher zu parken, weil immer bewacht!) an den sich ein völlig verwilderter Wald anschloss, in dem dann irgendwann ein gut besuchter Badesee zum Vorschein kam. An dem wollten wir natürlich gerne parken, zu dieser Zeit (früher Abend) war er aber noch völlig zugeparkt, also haben wir das Wohnmobil erstmal vor dem Friedhof stehen lassen und sind nach Riga hinein gefahren. Dort so ein bisl Sightseeing, lustige Geschichten über den von der Gilde nicht aufgenommenen Kaufmann, der es ihnen dann heimgezahlt indem er bei seinem Haus gegenüber der Gilde eine Katzen-Statue aufstellen ließ, die der Gilde den Arsch zukehrte. Die Provokation hatte auch erfolgt, ihm wurde dann doch noch Aufnahme in die Gilde angeboten, unter der Bedingung das die Katze umgedreht wurde. :D

Wir haben uns dann auch noch mit Andrew getroffen, einem Freund von Taimi aus den USA, Eltern aus Taiwan bzw. Lettland, er lebt gerade seit einigen Monaten in Riga und will die lettische Staatsbürgerschaft erwerben – ein Schengen-Pass zusätzlich zum USA-Pas wär halt echt praktisch. Gegen abend gab es dann noch mal etwas Stress, weil Taimi unbedingt noch vor Mitteracht eine Überweisung vornehmen musste. Onlinebanking. Ich hatte meinen Laptop dabei und eine Bar mit WiFi war auch schnell gefunden. Aber das Onlinebanking wollte noch einen Identitätsnachweis. In Estland sind sie ja mit E-Allen ganz vorne mit dabei, deswegen hat man für sowas das estnische Äquivalent des Personalausweises. Den man in ein Lesegerät stecken muss, das per USB mit dem Computer verbunden wird. Unter Ubuntu wurde das Gerät aber natürlich nicht so einfach wie unter Windows erkannt. Seufz. Die entsprechende estnische Behörden-Website bot aber tatsächlich auch für Linux etwas zum Runterladen an. Das Shell-Skript wollte erstmal ganz viele Pakete updaten – ok – und warf dann aber auch noch Fehler. Wir hätten es vielleicht hingekriegt, aber vielleicht eben nicht vor Mitternacht, also sind wir lieber schnell zum Wohnmobil zurück, wo Taimi ihren Laptop via Tethering über Franz Handy mit dem Internet verbunden hat und um 5 vor 12 noch die Überweisung tätigen konnte. Jaja – solche Abenteuer erlebt man auf Reisen :D

Das Umparken zum See war auch noch etwas weird, weil der Parkplatz dort nicht so verlassen war wie erwartet und auch ständig Polizeiautos hin- und her fuhren. Später fanden wir heraus das direkt am See eine Polizei/Bademeister(?)-Station ist die anscheinend auch die ganze Nacht besetzt ist und wir hatten die Ablösung zur Nachtschicht mitgekriegt. Am nächsten Morgen wollten wir es uns natürlich nicht entgehen lassen noch ins Wasser zu hüpfen, wodurch es (mal wieder! ^^) recht spät wurde bis wir los kamen. Hier haben wir uns auch von Chris verabschiedet, der sich wieder auf sein Rad geschwungen hat und Richtung Rainbow aufgebrochen ist. Mit Taimi und Andrew war der Wagen ja immer noch gut besetzt und wir sind auf nach Kuldiga. Gehalten haben wir zwischen drin in einem Örtchen namens Kabile, vor Allem um etwas einzukaufen und zu essen, aber wenn man schon mal da ist liest man sich ja auch das Touri-Info-Schild durch, und siehe da, das Örtchen hat mit folgendem Faszinosum zu werben – haltet euch fest! – ein Bekannter von Beethoven war hier mal bei Hauskonzerten! :D

Auch unser eigentliches Ziel, Kabile, wartet mit beeindruckenden(?) Fakten für Touristen auf: Es kann nämlich sowohl den höchsten Wasserfall Lettlands als auch den breitesten Wasserfall Europas aufweisen. Jetzt aber nicht zuuuuu hohe Erwartungen aufbauen, bitte. Ersterer ist nämlich gerade mal 4,50m hoch und auch künstlich angelegt. Der Venta Rumba war da schon etwas imposanter: Von der Höhe (1-2m) her eher große Stromschnelle als Wasserfall, ist er aber 110m lang und man kann oben auf ihm herumlaufen und so einmal den Fluss überqueren. Außerdem hat der Ort noch eine schnuckelig verschlafene Altstadt mit gut versteckter und früh geschlossener Tourist Information. Auch die Rizupe Höhlen, das längste(!!!!) Sandsteinhöhlenlabyrinth Lettlands hatte schon zu, also wollten wir die Nacht in Kuldiga verbringen. Oder 5km nördlich bei den Höhlen einen Platz zum Übernachten suchen. Oder doch lieber in Kuldiga, damit Taimi am nächsten Tag den frühesten Bus nehmen kann. Oder doch an den Höhlen, weil es gibt ja ach eine spätere Busverbindung. Oder doch Kuldiga, weil mit der früheren Verbindung kann sie noch einen Zwischenstop in Pärnu machen. Will sagen: Die Entscheidung war kompliziert und sie zu finden dauerte (zumindest gefühlt) einige Stunden. Letztlich viel sie pro Höhlen und wir fuhren – im Dunkeln, wie ungewohnt ^^ – noch die paar Kilometer nach Norden.

Am nächsten Morgen wollten wir natürlich als Erste vor dem Höhleneingang stehen, was wir auch fast geschafft haben, aber erst nach einer guten halben Stunde kam auch unsere Höhlenführerin dazu. Jeder zweite bekam eine Kerze in die Hand und es ging in die kalten Sandsteingänge. Es gab einige nette Geschichten, Legenden, uns wurde gedeutet was es bedeutet wenn wir große oder kleine Kreise in den Sand malen und welche Steinchen wir dort finden. Durch den kühlen, feuchten Sand halten sich dort Blumen lange Zeit ohne Wasser und es war teilweise eine schöne und etwas gespenstische Atmosphäre. Teilweise hatte ich aber auch eher das Gefühl von Touri-Massenabfertigung, wie wir da in einer Gruppe von 30 Leuten durchgescheucht wurden und die Ansagen in 3 Sprachen runter gerattert wurden. Aber alleine kleine Abstecher in die wirklich labyrinthigen Gänge machen, hat das dann wieder wett gemacht :D

Als wir wieder draußen waren in der Wärme der Sonne, mussten wir uns auch etwas beeilen um Taimi und Andrew noch rechtzeitig zu ihrem Bus nach Riga zu bringen. Danach sind Franz und ich noch mal zum Ventas Rumba um in die Venta zu springen. Unterhalb des Wasserfalls konnte man dort sehr schön baden und sich von dem Fall den Rücken massieren lassen oder den Wasserfall hochklettern und wieder runter springen. Schön jedenfalls.

Es war dann auch ganz angenehm mal wieder nur zu zweit unterwegs zu sein und wir sind entlang der Venta weiter fluffaufwärts gefolgt. (also flussaufwärts meine ich, aber ich fand mein verschreiben so schön das ich es euch nicht vorenthalten wollte). Wie es uns in Litauen und Polen dann weiter erging, lest ihr im nächsten Blogeintrag :]